Öffenbarkeit von Türen im Zuge von Rettungswegen

Türen im Zuge von Rettungswegen müssen jederzeit ohne Hilfsmittel in Fluchtrichtung benutzbar (öffenbar) sein. Diese grundsätzliche Anforderung ergibt sich nicht wortgetreu aus der Bauordnung, jedoch erschließt sich der Sachverhalt bereits aus dem Begriff „Rettungsweg“ und den grundsätzlichen Schutzzielen der Bauordnung sowie unmittelbar aus einigen Sonderbauverordnungen. Diese stellen an Türen im Zuge von Rettungswegen Anforderunge wie „leichtes Öffnen“, „von innen“, „in voller Breite“ und ggf. „…mit einem Griff zu öffnen“. Denn nur eine Tür die jederzeit (auch ohne Schlüssel) genutzt werden kann ermöglicht eine rasche Rettung in einen sicheren Bereich. Vom Grundsatz her gibt es zwei Möglichkeiten die jederzeitige Benutzbarkeit einer Tür (in Fluchtrichtung) baurechtlich sicherzustellen und zwar die organisatorische Lösung oder eine technische Lösung:

Schlüsselkasten

Organisatorische Lösungen:
Es ist baurechtlich zulässig die Öffenbarkeit eines Rettungsweges organisatorisch zu gewährleisten. Hierbei muss sichergestellt werden, dass die Türen zu den Zeiten, an denen die Nutzungseinheit „benutzt“ wird (also sich Personen dort aufhalten) in Fluchtrichtung nicht abgeschlossen sind. Dies erfordert je nach Art und Größe der Nutzung jedoch ein hohes Maß an Organisationsstruktur und Zuverlässigkeit. Sofern also bspw. des Nachts Türen im Zuge von Rettungswegen  abgeschlossen werden, so müssen vor dem Beginn der Nutzung sämtliche dieser Türen z.B. morgens wieder aufgeschlossen werden.  Die Verwantwortung darüber, dass diese nötigen organisatorischen Maßnahmen dauerhaft in der Praxis funktionieren, trägt der Betreiber.

Technische Lösungen:
Kann organisatorisch nicht sichergestellt werden, dass Türen im Zuge von Rettungswegen jederzeit während der Nutzung in Fluchtrichtung öffenbar sind, so muss eine technische Lösung gewählt werden. Soll nur verhindert werden, dass eine Tür verschlossen wird, dann kann ein Blindzylinder (Zylinder ohne Funktion) eingesetzt werden. In der Regel sind technische Lösungen aber dann erforderlich, wenn die Türen im Zuge von Rettungswegen entgegen der Fluchtrichtung verschlossen seien sollen oder wenn die Benutzung der Tür mit einem Alarm verbunden sein soll (z.B. in Verkaufsstätten).

Soll die Tür von der entgegengesetzten Fluchtrichtung verschlossen sein, so bietet sich der Einsatz von Anti-Panikbeschlägen nach DIN EN 179 an. Diese Beschläge öffnen die Tür auch im abgeschlossenen Zustand beim Betätigen des Türdrückers in Fluchtrichtung.  In Bereichen mit denen mit besonders vielen Personen zu rechnen ist (z.B. Verkaufsstätten, Versammlungsstätten etc.), sollten stattdessen sogenannte Panikdruckstangen nach DIN EN 1125 eingesetzt werden. Die Funktionsweise ist hier wie bei einem Anti-Panikbeschlag, nur das es statt einem Drücker eine Druckstange („push-bar“) gibt.

Manchmal ist es erforderlich eine Tür im Zuge eines Rettungswege gegen eine unzulässige Benutzung (nicht im Notfall) zu sichern. Hierzu eignen sich elektrische Veriegelungssysteme für Rettungswege. Diese Systeme verriegeln die Tür zunächst. Über ein grünes Terminal mit zumeist rot-beleuchteten Druckpilz kann im Notfall dann die Tür entriegelt und als Rettungsweg freigegeben werden. Zeitgleich wird ein Alarm ausgelöst. Solche Systeme müssen der Richtlinie über elektrische Verriegelungen von Türen in Rettungswegen entsprechen (EltVTR). Eine simplere Variante hierzu stellen „Einhand-Türwächter“ (oder kurz: „EH-Wächter“ genannt) dar. Diese kleinen grünen Kästen, die unter dem Türdrücker angebracht werden, klappen bei Benutzung des Türdrückers nach unten und geben einen lauten Alarmton von sich. Eine Verriegelung  oder Freigabe der Tür erfolgt hier jedoch nicht durch den Wächter, so dass zusätzlich z.B. ein Anti-Panikbeschlag eingesetzt werden muss.

Ausnahme Wohnungstüren
Wohnungseingangstüren stellen nach Auffassung des Verfassers eine Ausnahme von den oben genannten Anforderungen dar. Zum Schutz des privaten Wohnraumes muss es gestattet sein, dass der Wohnungseigner oder der Mieter seine Tür verriegeln darf. Hierbei geht man allgemein jedoch davon aus, dass der Schlüssel im Schloss bleibt oder sich zumindest unmittelbar neben der Tür befindet. Nicht zulässig ist jedoch die häufige Praxis, dass Hauseingangstüren von Mehrfamilienhäusern über Nacht abgeschlossen werden. Die Gefahr besteht hier darin, dass Bewohner im Gefahrenfall ihre Wohnung verlassen ohne den Schlüssel mitzunehmen. Sie können dann eigenständig das Objekt nicht verlassen.

Schlüsselkasten nicht erlaubt
Die früher häufig anzutreffenden Schlüsselkästen sind nach heutiger Auffassung nicht mehr zulässig, da es Personen im Gefahrenfall mit ggf. schlechten Sichtverhältnissen (Rauch) nicht zuzumuten ist erst einen Kasten zu öffnen um dann mit dem dort enthaltenen Schlüssel die Tür zu öffnen.

Ihr Patrick Gerhold

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